Braune Ware – Unterhaltungselektronik der BSH: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 11. Mai 2017, 15:45 Uhr
„Hier ist die Sendestelle Berlin im Voxhaus auf Welle 400!“ Mit diesen Worten beginnt in Deutschland am 29. Oktober 1923 die Ausstrahlung des ersten deutschen Unterhaltungssenders.[1] Drei Monate später sind rund 500 Rundfunkteilnehmer gemeldet – drei Jahre darauf sind es schon eine Million![2]
Am Anfang war das Radio
Mit dem ersten deutschen Unterhaltungssender beginnt das Radio als Unterhaltungsmedium seinen Siegeszug in Deutschland. Siemens & Halske präsentieren auf der ersten Großen Deutschen Funkausstellung 1924 in Berlin ihren ersten Rundfunkempfänger, ein dreistufiges Röhrengerät mit Trichterlautsprecher namens „Siemens-D-Zug“.[3] Der Name ist angelehnt an ein Symbol des Fortschritts in Deutschland, die D-Züge („Durchgangs-Züge“), Schnellzüge, die Zugreisen in Deutschland ungemein beschleunigen. In den folgenden Jahren hat Siemens etliche Rundfunkempfänger und sogenannte Kammermusik-Geräte auf dem Markt eingeführt – letztere sind eine Kombination aus Radio und elektrischem Plattenspieler.[4]
Bosch gründet 1929 mit drei anderen Unternehmen die Fernseh A.G.und stellt auf der Funkausstellung 1929 den „Fernseh 30“ vor.[5] Ab 1930 baut Bosch auch Radios unter der bekannten Marke Blaupunkt.[6] 1932 führt Blaupunkt das erste serienmäßige Autoradio Europas ein.[7] Allerdings wiegt es 15 Kilo und kostet 465 Reichsmark[8] – mehr als doppelt so viel wie der monatliche Durchschnittsverdienst von rund 200 Reichsmark.
Siemens bringt die Unterhaltungselektronik beziehungsweise die Braune Ware – der Begriff stammt aus der Zeit, als Rundfunk- und Fernsehgeräte noch mit furniertem braunen Schleiflackholzgehäuse gebaut wurden[9] – in die BSH[10] ein, wo das Segment ein wichtiges Standbein wird. 1967 – im Jahr der Gründung der BSH – kommt der erste Farbfernseher mit Siemens-Unterstützung auf den Markt – eine Gemeinschaftsentwicklung von Telefunken, Blaupunkt (Bosch), Mende und dem Siemens-Entwicklungslabor.[11] In den 1970er Jahren ist die Siemens-Unterhaltungselektronik sehr erfolgreich am Markt. Zum Sortiment gehören unter anderem der Fernseher Bildmeister FC 624 oder die Hi-Fi Komponente microcompact.[12] Vor 1979 und ab 1984 hat der Bereich Unterhaltungselektronik von Siemens hohe Zuwachsraten.[13] Er schreibt jedoch erst 1987 schwarze Zahlen.[14]
Siemens-Vollsortiment 1987
Auf der Internationalen Funkausstellung Berlin 1987 ist Siemens stolz auf sein Vollsortiment in der Unterhaltungselektronik und präsentiert 35 Neuheiten.[15] Dazu gehören Farbfernseher, Videorecorder, Radiorecorder, Uhrenradios (heute Radiowecker genannt), HiFi-Anlagen und Weltempfänger. Der Farbfernseher FS 940 zeigt ein flimmerfreies Bild und ermöglicht erstmalig ein Standbild. Der Videorekorder FM 574 ermöglicht die Bild-in-Bild-Technik, bei der beim Betrachten des Bildes vom Videorecorder das aktuelle Fernsehbild in den Bildschirm einblendet. Der Camcorder FA 108 mit dem 8-mm-Videosystem ist besonders leicht mit nur 1,3 Kilogramm Gewicht und hat einen hochauflösenden CCD-Bildsensor, 6fach-Motorzoom und digitalen Autofocus. Der CD-Spieler RW 736 kann von sechs CDs bis zu 32 vorgewählte Titel abspielen. Nur 320 Gramm leicht ist der Weltempfänger RK 702 mit sieben Wellenbereichen und 24 Weltzeiten.
Die 1990er Jahre – noch erfolgreich, dann Rückzug
Anfang der 1990er hat Siemens einen hohen Marktanteil bei Weltempfängern, Radioweckern und Fernsehgeräten. 1991 enthält die Hitliste der 15 meistverkauften Unterhaltungsgeräte allein vier Radios von Siemens: RK 621, RK 702, RK 622, RK 661.[16] Im Bereich der Fernseher ist das 100-Hz-Gerät FS 998 in der Klasse der 87-cm-Geräte ein großer Erfolg.[17] Dennoch zieht sich die BSH zum Jahreswechsel 1996/1997 wegen rückläufiger Umsätze und steigender Verluste aus diesem Produktfeld zurück.[18]
Einzelnachweise
- ↑ http://www.deutschlandradio.de/achtung-hier-sendestelle-berlin-voxhaus.331.de.html?dram:article_id=260292 (aufgerufen am 16.01.2017). 150 Jahre Siemens, S. 54.
- ↑ BSH-Konzernarchiv, F-Siemens-001, Siemens AG (Hg.): 150 Jahre Siemens. Das Unternehmen von 1847 bis 1997, München 1997, S. 54; F-Siemens-014, Siemens Electrogeräte (SE): Leistungen des Hauses Siemens (elektrische Hausgeräte, Rundfunkgeräte), S. 2.
- ↑ https://www.siemens.com/history/de/geschichte/ (aufgerufen am 16.01.2017).
- ↑ BSH-Konzernarchiv, F-Siemens-014, Siemens Electrogeräte (SE): Leistungen des Hauses Siemens (elektrische Hausgeräte, Rundfunkgeräte), S. 2.
- ↑ 10 Jahre Fernseh A.G. Hausmitteilungen aus Forschung und Betrieb der Fernseh Aktiengesellschaft, Berlin, 1. Bd., Heft 4, Juli 1939, S. 109 ff. Zu finden unter: http://www.cdvandt.org/FS%2010%20Jahre.pdf (aufgerufen am 16.01.2017).
- ↑ Eva Susanne Breßler: Von der Experimentierbühne zum Propagandainstrument. Die Geschichte der Funkausstellung 1924 bis 1939, Köln u.a. 2009, S. 181.
- ↑ BSH-Konzernarchiv, F-Bosch-001, Robert Bosch AG (Hg.): Bosch. 125 Jahre Technik fürs Leben, Stuttgart 2011, S. 207.
- ↑ https://www.welt.de/motor/article112175978/Erstes-Autoradio-wog-15-Kilo-und-war-suendhaft-teuer.html (aufgerufen am 16.01.2017).
- ↑ BSH-Konzernarchiv, A05-0010, inform 1987/3, S. 1.
- ↑ Die BSH wird 1967 als Bosch-Siemens Hausgeräte GmbH gegründet - abgekürzt BSHG. 1998 wird der Name in BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH geändert, die neue Abkürzung lautet BSH. Seit dem Verkauf der Siemens-Anteile der BSH an die Robert Bosch GmbH heißt das Unternehmen BSH Hausgeräte GmbH und wird weiterhin mit BSH abgekürzt.
- ↑ BSH-Konzernarchiv, F-Siemens-014, Siemens Electrogeräte (SE): Leistungen des Hauses Siemens (elektrische Hausgeräte, Rundfunkgeräte), S. 16.
- ↑ BSH-Konzernarchiv, F-BSH-001, BSH Bosch Siemens Hausgeräte GmbH (Hg.): 40 Jahre BSH – Eine Chronik, München 2007 S. 45.
- ↑ BSH-Konzernarchiv, Auswertung der BSH-Geschäftsberichte zwischen 1978 und 1985.
- ↑ BSH-Konzernarchiv, A05-0010, inform 1987/3, S. 2.
- ↑ BSH-Konzernarchiv, A05-0010, inform 1987/3, S. 2.
- ↑ BSH-Konzernarchiv, A05-0014, inform 1991/1, S. 9.
- ↑ BSH-Konzernarchiv, A05-0014, inform 1991/1, S. 9.
- ↑ BSH-Konzernarchiv, A01-0014, BSH-Geschäftsbericht 1996, S. 5.