Selbstreinigung durch Pyrolyse: Unterschied zwischen den Versionen
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
Am 30. Mai 1973 erhält die Siemens Elektrogeräte GmbH ein Patent auf einen von einem Josef Ackermann entwickelten „Back- und Bratofen mit einer Einrichtung zur pyrolytischen Selbstreinigung“.[1] In den USA existiert eine vergleichbare Technik bereits seit zehn Jahren, General Electric verkauft ab 1963 selbstreinigende Backöfen, die nach dem Prinzip der Pyrolyse funktionieren. In Deutschland allerdings wird die Innovation Anfang der 1970er Jahre von Siemens und Neff eingeführt.[2] | [[File:Ein Siemens-Herd mit Pyrolyse-Funktion aus dem Jahr 1972. (Quelle- Siemens Corporate Archives).jpg|mini|Ein Siemens-Herd mit Pyrolyse-Funktion aus dem Jahr 1972. (Quelle: Siemens Corporate Archives)]]Am 30. Mai 1973 erhält die Siemens Elektrogeräte GmbH ein Patent auf einen von einem Josef Ackermann entwickelten „Back- und Bratofen mit einer Einrichtung zur pyrolytischen Selbstreinigung“.[1] In den USA existiert eine vergleichbare Technik bereits seit zehn Jahren, General Electric verkauft ab 1963 selbstreinigende Backöfen, die nach dem Prinzip der Pyrolyse funktionieren. In Deutschland allerdings wird die Innovation Anfang der 1970er Jahre von Siemens und Neff eingeführt.[2] | ||
Der chemische Vorgang der Pyrolyse ist den Menschen seit der Steinzeit bekannt. Man versteht darunter die thermo-chemische Spaltung organischer Verbindungen durch hohe Temperaturen ohne Zugabe von Sauerstoff. Mit Hilfe von Pyrolyse lässt sich beispielsweise Teer aus Holz gewinnen. Bei sehr hohen Temperaturen karbonisieren die Stoffe vollständig, das heißt, sie werden zu Kohlenstaub. Dieser Vorgang lässt sich auch zur Selbstreinigung von Backöfen einsetzen. Die Ingenieure der Herdfabrik in Traunreut entwickeln hierfür einen Backofen, der sich auf 500 bis 600 Grad Celsius aufheizen lässt.[3] Der Ofen braucht für diesen Reinigungsvorgang einige Stunden. „Das automatische Funktionsprinzip der pyrolytischen Selbstreinigung beruht auf drei Stufen: Erstens eine Stunde Erwärmung des Backofens auf 290 C (Austrocknen der Speisereste), zweitens Erhöhen der Temperatur auf 500 C und zweistündiges | Der chemische Vorgang der Pyrolyse ist den Menschen seit der Steinzeit bekannt. Man versteht darunter die thermo-chemische Spaltung organischer Verbindungen durch hohe Temperaturen ohne Zugabe von Sauerstoff. Mit Hilfe von Pyrolyse lässt sich beispielsweise Teer aus Holz gewinnen. Bei sehr hohen Temperaturen karbonisieren die Stoffe vollständig, das heißt, sie werden zu Kohlenstaub. Dieser Vorgang lässt sich auch zur Selbstreinigung von Backöfen einsetzen. Die Ingenieure der Herdfabrik in Traunreut entwickeln hierfür einen Backofen, der sich auf 500 bis 600 Grad Celsius aufheizen lässt.[3] Der Ofen braucht für diesen Reinigungsvorgang einige Stunden. „Das automatische Funktionsprinzip der pyrolytischen Selbstreinigung beruht auf drei Stufen: Erstens eine Stunde Erwärmung des Backofens auf 290 C (Austrocknen der Speisereste), zweitens Erhöhen der Temperatur auf 500 C und zweistündiges |
Version vom 19. Januar 2017, 11:53 Uhr
Am 30. Mai 1973 erhält die Siemens Elektrogeräte GmbH ein Patent auf einen von einem Josef Ackermann entwickelten „Back- und Bratofen mit einer Einrichtung zur pyrolytischen Selbstreinigung“.[1] In den USA existiert eine vergleichbare Technik bereits seit zehn Jahren, General Electric verkauft ab 1963 selbstreinigende Backöfen, die nach dem Prinzip der Pyrolyse funktionieren. In Deutschland allerdings wird die Innovation Anfang der 1970er Jahre von Siemens und Neff eingeführt.[2]
Der chemische Vorgang der Pyrolyse ist den Menschen seit der Steinzeit bekannt. Man versteht darunter die thermo-chemische Spaltung organischer Verbindungen durch hohe Temperaturen ohne Zugabe von Sauerstoff. Mit Hilfe von Pyrolyse lässt sich beispielsweise Teer aus Holz gewinnen. Bei sehr hohen Temperaturen karbonisieren die Stoffe vollständig, das heißt, sie werden zu Kohlenstaub. Dieser Vorgang lässt sich auch zur Selbstreinigung von Backöfen einsetzen. Die Ingenieure der Herdfabrik in Traunreut entwickeln hierfür einen Backofen, der sich auf 500 bis 600 Grad Celsius aufheizen lässt.[3] Der Ofen braucht für diesen Reinigungsvorgang einige Stunden. „Das automatische Funktionsprinzip der pyrolytischen Selbstreinigung beruht auf drei Stufen: Erstens eine Stunde Erwärmung des Backofens auf 290 C (Austrocknen der Speisereste), zweitens Erhöhen der Temperatur auf 500 C und zweistündiges
Verbrennen der Rückstände, wobei der Großflächengrill als "Nachverbrenner" wirkt, und drittens Absenken der Temperatur.“[4] In dieser Zeit karbonisieren also sämtliche Verschmutzungen, das heißt, sie werden zu „Asche“, die sich problemlos aus dem Herd entfernen lässt. Somit entfällt die komplizierte mechanische Reinigung schwer erreichbarer Bereiche im Backofen und die Nutzer können auf den Einsatz aggressiver chemischer Reinigungsmittel verzichteten.
Der größte Nachteil der Selbstreinigung ist anfangs der hohe Energieverbrauch von 3,5 Kilowattstunden. Ständige Weiterentwicklungen wie doppelte Türdichtungen, reflektierende Innenscheiben, Türen mit vier Scheiben und eine neue Elektroniksteuerung senken den Energieverbrauch deutlich.[5] Durch die zusätzliche Dämmung wird der Wärmeverlust auch im Normalbetrieb stark verringert, somit kann der hohe Energieaufwand des Reinigungsvorgangs ausgeglichen werden.[6]
Einzelnachweise
[1] Deutsches Patent- und Markenamt, Dokument DE000002166227A „Back- und Bratofen mit einer Einrichtung zur pyrolytischen Selbstreinigung“, Inhaber Siemens Electrogeräte GmbH, angemeldet am 09.03.1971, veröffentlicht am 30.05.1973. https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=bibdat&docid=DE000002166227A (aufgerufen am 17.11.2016)
[2] BSH-Konzernarchiv, A05-0023, Inform Mai 2000, 23. Jg., S. 27. BSH Konzernarchiv, A05-0030, inform 03/2007, 30. Jg., S. 19.
[3] BSH-Konzernarchiv, A05-0022, inform 03/1999, 22. Jg., S. 14.
[4] Pressemitteilung zur Funktionsweise der pyrolytischen Selbstreinigung von 1977, Bosch Archiv, 770124.
[5] Bis 2001 bereits auf 2,5 Kilowattstunden, BSH-Konzernarchiv, A03-0006, Umweltbericht 2001, S. 10.
[6] BSH-Konzernarchiv, A03-0006, Umweltbericht 2001, S. 10.