Gaggenau

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Die Gaggenau Hausgeräte GmbH stellt hochwertige Küchengeräte mit kompromisslosem Anspruch an Qualität, Authentizität und Design her. Das Sortiment umfasst Backöfen, Dampfbacköfen, Vario Spezialkochgeräte, Glaskeramik-, Gas- und Induktions-Kochfelder, Lüftungen, Vakuumier- und Wärmeschubladen, Kältegeräte, Weinklimaschränke, Espresso-Vollautomaten, Geschirrspüler, Mikrowellen, Wäschetrockner und Waschmaschinen. Die Marke Gaggenau präsentiert sich heute als Luxusmarke und ist weltweit in über 50 Ländern mit Flagship Showrooms in den Metropolen vertreten. Das Unternehmen kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Alles beginnt im Jahr 1683, in dem Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden eine Hammer- und Nagelschmiede gründet. Er möchte die Wirtschaft in der Region ankurbeln und der Bevölkerung einen Nebenverdienst zur Landwirtschaft bieten.[1]

Seiner Zeit voraus

Ansicht des Gaggenau-Werkes um 1890. (Quelle: BSH-Konzernarchiv)

Im 18. und 19. Jahrhundert durchläuft die Schmiede mehrere Pächter. 1873 kauft der Frankfurter Unternehmer Michael Flürscheim zusammen mit Franz Korwan das Werk, das nun den Firmennamen: „Korwan und Flürscheim Eisenwerke Gaggenau bei Rastatt“ erhält. Korwan scheidet jedoch noch im selben Jahr krankheitsbedingt wieder aus. Die Firma wird in „Michael Flürscheim Eisenwerke Gaggenau“ umbenannt.[2] Während seiner Zeit als Direktor entwickelt Flürscheim das Werk zum ersten industriellen Großunternehmen der Region. Produziert wird eine breite Palette an Eisenwaren wie landwirtschaftliche Geräte oder Werkzeuge. Flürscheim etabliert in seinem Unternehmen soziale Betriebseinrichtungen, die ihrer Zeit voraus sind, unter anderem eine Krankenkasse für Arbeiter und deren Familien und ein Konsumverein, in dem Angestellte Alltagswaren günstig erstehen können.[3] Entscheidend für das Schicksal von Gaggenau ist die Begegnung von Michael Flürscheim mit dem Herdfabrikanten Theodor Bergmann 1879 auf der Berliner Gewerbeausstellung. Flürscheim ist so beeindruckt von Bergmanns Beredsamkeit am Verkaufsstand, dass er ihn überzeugt, bei ihm in Gaggenau mitzuwirken.

Von der Schokolade zur Emaille

Bergmann tritt 1880 in das Unternehmen ein. 1884 wird er Teilhaber der Firma, die sich jetzt in „Eisenwerke Gaggenau, Flürscheim und Bergmann“ umbenennt. Herzstück des Unternehmens sind zu diesem Zeitpunkt die Eisengießerei, die Schmiede und das Emailwerk.[4] Als bedeutsam erweist sich Bergmanns Freundschaft zu dem Kölner Schokoladenfabrikanten Ludwig Stollwerck. Von Stollwerck erhält Gaggenau den Auftrag, Schokolade- und Süßigkeitsspendeautomaten herzustellen. Immer darauf bedacht, möglichst alle Komponenten selbst herzustellen, produzieren die Eisenwerke auch die Emailschilder auf den Automaten. Daraus entwickelt sich eine ganz neue Produktsparte. Nicht nur werden Emailwerbeschilder für Marken wie Stollwerck, Maggi und Odol ein Markenzeichen Gaggenaus; die Erfahrung mit Email führt auch zur Entwicklung eines robusten Backofen-Emails.[5] Das Rezept für dieses besondere Email ist die Erfolgsbasis für die Produktion der Gas- und Kohleherde.

Stürmische Zeiten

Belegschaft der Eisenwerke Gaggenau um 1900. Im Hintergrund das erweiterte Werk. (Quelle: BSH-Konzernarchiv)

Zur Jahrhundertwende wird die Produktpalette deutlich reduziert. Das Werk spezialisiert sich auf Fahrräder – das beliebte Badenia Modell verkauft sich zwischen 1880 und 1908 250.000 Mal[6] – sowie Gasherde und Gaskocher. Während des Ersten Weltkrieges stellt die Produktion ganz auf Kriegsmaterial um. Nach dem Krieg erholen sich die Geschäfte zunächst wieder. Doch Inflation und Wirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre führen schließlich zur Stilllegung des Werks.

1931 wird die Firma neu gegründet[7] und von Otto von Blanquet übernommen. In dieser Zeit wird der erste elektrische Herd von Gaggenau entwickelt, ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zum Herd- und Backofenspezialisten. Nachdem am 10. September 1944 ein Bombenangriff einen Großteil der Werksanlagen zerstört, wird die Fabrik in den Nachkriegsjahren zunächst wieder aufgebaut. Danach geht es weiter aufwärts: Im Zuge der Währungsreform 1948 und des darauffolgenden „Wirtschaftswunders“ erweitert und modernisiert die Firma ihr Produktangebot. Dr. von Blanquet entwickelt weiterhin Backöfen – allerdings einen neuen Ofentyp. Die überarbeitete Konstruktion verbraucht weniger Kohle und Gas („Kohle- und Gas-Sparherde“) und bringt Gaggenau somit den Ruf einer ökonomischen Alternative ein. Mit der zunehmenden Beliebtheit von Elektrobacköfen werden auch die elektrischen Varianten der sparsamen Backöfen sowie die elektrischen Heiz- und Lüftungssysteme immer populärer. So zieht Gaggenau in viele neue Küchen des wiederaufgebauten Europas ein.

Aus Liebe zum Kochen

Ab 1956 wird Gaggenau von Ottos Sohn Georg von Blanquet geführt. Er ist ein leidenschaftlicher Koch und er hat eine Vision: Maßgeschneiderte Einbauküchen mit technisch hochentwickelten, einfach zu bedienenden Geräten. Diese Vision verfolgt er konsequent und allen Schwierigkeiten zum Trotz. Dabei profitiert Georg von Blanquet von der boomenden kulinarischen Kultur und der neuen Wertschätzung von Küchengeräten in der Nachkriegszeit. Seine Ideen sind nicht nur für Gaggenau richtungsweisend, sondern auch für die ganze Branche. Er ebnet der revolutionären Einbauküche den Weg, baut 1956 den ersten Einbaubackofen auf Augenhöhe ein und bringt die ersten separaten Kochfelder und Lüftungsgeräte auf den Markt. Als Koch weiß er sein Unternehmen dazu zu nutzen, die Bedürfnisse von Profiköchen zur Herausforderung für Ingenieure zu machen.

1962 wird das gesamte Werk auf das Areal der früheren Gaggenauer Glashütte verlegt. Es werden erstmals Küchenlüftungsgeräte produziert. Dies führt 1976 beispielsweise zur Entwicklung der ersten Muldenlüftung mit Abzug direkt am Kochfeld nach unten.

Um sich der immer größer werdenden Konkurrenz in Deutschland zu stellen, versucht man den Betrieb im Ausland auszubauen, indem man dort Tochterfirmen erwirbt.[8]

Trotz Expansion bleibt es schwierig für Gaggenau, im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Zum Jahreswechsel 1994/95[9] wird Gaggenau von der Bosch-Siemens Hausgeräte GmbH übernommen. Diese verlagert die gesamte Produktion und Entwicklung nach Lipsheim im Elsass und unterzieht die Firma einer Restrukturierung.[10] Die Marke Gaggenau gilt heute als Innovationsführer für Technologie und Design „Made in Germany“. – „Der Unterschied heißt Gaggenau“.

Notes

  1. Vorwort von Michael Wessel, in Michael Wessel (Hrsg.): Theodor Bergmann: Eisenwerke Gaggenau A.G, 1891, Neuauflage, 2009 Rastatt, S. 7; für eine allgemeine Zeitchronik des Werkes siehe S. 79-84; Michael Wessel: Geschichte der Eisenwerke Gaggenau auf http://www.murgtal-chronik.de, veröffentlicht 9.4.2012; Ein Blick in die Geschichte Gaggenaus, Webseite der Stadt Gaggenau http://www.gaggenau.de/stadtgeschichte.4357.htm; Aus Tradition einen Schritt voraus, Gaggenau Webseite, http://www.gaggenau.com/de/die-welt-von-gaggenau/der-unterschied-heisst/tradition/aus-tradeition-einen-schritt-voraus (letzter Aufruf 7.12.2016).
  2. Michael Wessel: Michael Flürscheim. Industrieller – Sozialökonom – Utopist, Buch & Bild Wessel GmbH, Gaggenau 2014, S. 143.
  3. Helmut Böttcher: Ein Beitrag zur Stadtgeschichte: Michael Flürscheim - ein großer Unternehmer und Sozialreformer, vor 85 Jahren gestorben, 1997 in: Materialien zur Geschichte der Eisenwerke Gaggenau (C03- 0296), BSH-Konzernarchiv.
  4. Wessel: Michael Flürscheim, S. 144.
  5. Liz Falconer: Gaggenau Fact Sheet, Milton Keynes, 21.09.2012, http://www.gaggenau-press.com/uploads/media/Gaggenau_C_Company_profile_Fact_Sheet_2012_UK.pdf (Letzter Aufruf 7.12.2016).
  6. Wessel: Michael Flürscheim, S. 146.
  7. Geschichte der Eisenwerke Gaggenau GmbH in Stichworten (Stadtarchiv Gaggenau), Materialien zur Geschichte der Eisenwerke Gaggenau, BSH-Konzernarchiv, C03-0296.
  8. Geschichte der Eisenwerke Gaggenau GmbH in Stichworten.
  9. BSH-Konzernarchiv, A01-0012, Geschäftsbericht 1994, S. 6.
  10. Die Historie von Gaggenau (BSH Präsentation), Materialien zur Geschichte der Eisenwerke Gaggenau, BSH-Konzernarchiv, C03- 0296, Folie 3.