Interview mit Ernst Stickel: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 12. Oktober 2018, 08:07 Uhr

Ernst Stickel, 1986 (Quelle: BSH Mediapool)

Innovationen und hauseigene Erfindungen haben die BSH zu dem gemacht, was sie heute ist: Ein erfolgreiches internationales Unternehmen. Für revolutionäre Neuerungen in der Geschirrspüler-Technik steht bei der BSH vor allem ein Name: Ernst Stickel, Konstrukteur und Mitarbeiter der ersten Stunde.


BSH-Wiki: Herr Stickel, Sie haben bereits Ihre Ausbildung bei Bosch absolviert. Wie gestalteten sich Ihre ersten Arbeitsjahre?

Ernst Stickel: Ich fing als Mechaniker im Werkzeugbau an, doch fühlte ich mich dabei etwas unterfordert. Zu dieser Zeit bot Bosch eine Zeichenausbildung an, die ich schließlich absolvierte, allerdings war ich erneut unzufrieden (lacht). Ich beschloss eine Technikerschule zu besuchen. Danach konstruierte ich Sondermaschinen, doch merkte ich relativ schnell, dass ich nebenbei viele junge Ingenieure anlernen musste. Ich habe leider kein Abitur und hatte mir aus diesem Grund noch keine Gedanken über ein Ingenieursstudium gemacht. Doch war es mir letztendlich als viertbestem baden-württembergischen Lehrling mit einem Vorsemester möglich zu studieren. Dies tat ich dann auch und absolvierte das Studium der Feinwerktechnik an der Fachhochschule Ulm. 1965 wurde ich als Konstrukteur für Geschirrspüler erneut eingestellt. Ich bin dankbar, dass mich Bosch immer wieder neu eingestellte und unterstützte.

BSH-Wiki: Ihren Willen zur kontinuierlichen Verbesserung haben Sie auch in Ihren Konstruktionen umgesetzt. Eine bahnbrechende Innovation war beispielsweise der AquaStop. Wie kam es dazu?

Ernst Stickel: Früher durften Waschmaschinen und Geschirrspüler nur unter Aufsicht betrieben werden, außerdem musste der Wasserhahn nach dem Gebrauch geschlossen werden. Juristisch war das eindeutig, doch hielt sich trotzdem niemand daran (lacht). So kam es immer wieder zu Unfällen mit Wasserschäden. Letztendlich war der Fall des Direktors einer Kugellagerfabrik in Schweinfurt ausschlaggebend, in seiner Wohnung stand das Wasser 10 cm hoch über edelsten Teppichen.

BSH-Wiki: Der AquaStop schützt zuverlässig vor Wasserschäden. Wie funktioniert er und was zeichnet ihn aus?

Ernst Stickel: Wir haben den Kunden nicht erklärt, wie er funktioniert, sondern welche Schäden er verhindert und wie bequem er ist. Aber es ist eine sehr einfache Idee. Ein zweites Einlassventil wird am Wasserhahn angebracht und ein Hüllschlauch über den Zulaufschlauch geschoben. Im Falle eines Lecks am Zulaufschlauch wird das Wasser in die Gerätebodenwanne geleitet und es geht ein elektrisches Signal an das Einlassventil, das sofort schließt. Außerdem schaltet der Schwimmerschalter in der Bodenwanne noch die Laugenpumpe ein. Die Vorrichtung funktionierte immer zu einhundert Prozent. Das wurde vom TÜV und den Prüfungsinstituten der Versicherungen bestätigt.

BSH-Wiki: Eine solche Innovation setzt sich sicher schnell durch?

Ernst Stickel: Manchmal geht es leider nicht ganz so schnell. Am Anfang wurde viel darüber diskutiert, dass der AquaStop zu teuer sei oder den Eindruck erwecken könnte, dass unsere Produkte fehlerhaft seien. Helmut Plettner, der damalige Vorsitzende der Geschäftsführung, sorgte dann allerdings dafür, dass das Projekt ganz oben auf der Prioritätenliste stand. Letzten Endes war der AquaStop ein voller Erfolg und auch alle Wettbewerber haben sehr schnell Lizenz bei uns genommen.

BSH-Wiki: Neue Ideen brechen natürlich oft mit langen Traditionen.

Ernst Stickel: Ein weiteres Beispiel ist der sogenannte 45er Geschirrspüler. Die Breite von 45 cm, die laut einer Befragung von Singles und Mitarbeitern aus 2-Personenhaushalten gewünscht wurde, kam in der AMK (Arbeitsgemeinschaft Moderne Küchen) Norm nicht vor. Zu Anfang gestaltete sich deshalb der Einbau in gängige Küchen schwierig. Wir fanden jedoch schnell eine Lösung und es gab auch keine Proteste der Küchenmöbelindustrie. Durch die Einführung des 45er Spülers wurden sogar mehr kleine Küchen verkauft als vorher. Am Ende war auch diese Innovation für uns ein großer Erfolg und wir kamen kaum mit der Lieferung der Bestellungen hinterher.

BSH-Wiki: War die neue Breite nicht auch eine Herausforderung für die Konstruktion? Der schmalere Geschirrspüler leistet ja dasselbe wie der Spüler mit dem Standardmaß.

Ernst Stickel: Der neue 45er Spüler war besonders innovativ. So war es in der Tat eine Herausforderung, alle erforderlichen Bauelemente, beispielsweise auch einen neuen Wärmetauscher, in einem 15 cm schmaleren Spüler unterzubringen. Die entscheidende Anregung kam aus einer ganz anderen Branche: Mir fielen bei der Hannover Messe 1984 die LKWs auf, deren Motoren durch die aufgeklappten Führerhäuser zugänglich waren. Diese Technik wendeten wir auch beim 45er Spüler an. Wir nahmen eine Art Bierkiste und befüllten deren einzelne Fächer mit den entsprechenden Bauelementen. Dann montierten wir den Behälter mit einem Scharnier auf der einen Seite und klappten ihn, ähnlich wie das Führerhaus, zu, wodurch die Bauteile festgeklemmt wurden. So benötigten wir weniger Befestigungsteile und Schrauben, sparten Montagekosten und integrierten Innovationen wie den Durchlauferhitzer und den AquaStop.

BSH-Wiki: Waren alle Projekte von Erfolg gekrönt oder hatten Sie auch Reinfälle?

Ernst Stickel: Es gab zwar die eine oder andere technische Lösung, die ich heute anders machen würde, doch richtige Flops hatten wir nicht.

BSH-Wiki: Herr Stickel, gegen Ende wollen wir noch einmal auf Sie persönlich zurückkommen. Gibt es einen Moment in ihrem Berufsleben, an den Sie sich besonders gerne zurückerinnern?

Ernst Stickel: Da gibt es eigentlich zwei Momente: Zum einen die Verleihung des Innovationspreises der britischen Fachzeitschrift ERT in London 1988 für den neuen 45-cm-Geschirrspüler von Bosch. Zum anderen die Verleihung des Umweltpreises 1998 von der damaligen Umweltministerin Angela Merkel. Diesen Preis erhielten wir für unsere GV 630- Geschirrspüler, die für die damalige Zeit sehr effizient arbeiteten, Ressourcen schonten und in ein ganzheitliches Recyclingmodell eingebunden waren.