Die Geschichte der Marke Constructa

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Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts ist das Waschen die zeit- und kraftaufwendigste Arbeit im Haushalt. An den „Waschtagen“ helfen alle mit: Das Einweichen, Kochen, Schlagen und Reiben, Bleichen, Wringen und Aufhängen dauert Stunden. Die Entwicklung der vollautomatischen Waschmaschine ist deshalb eine echte Revolution für die Hausarbeit. In Deutschland trägt diese Revolution den Namen Constructa.

Peter Pfenningsberg – Waschmaschinenpionier

Bis in die Nachkriegszeit bleibt es in Deutschland ruhig auf dem Gebiet der Waschmaschinen-Entwicklung. Wenn überhaupt Maschinen für das Waschen eingesetzt werden, handelt es sich meist noch um teilautomatisierte Kesselwäscher. In den USA ist die Entwicklung zu diesem Zeitpunkt schon etwas weiter vorangeschritten[1], 1937 entwickelt dort Bendix Home Appliances die erste automatische Waschmaschine der Welt. Auf der Vorderseite befindet sich eine runde Glasklappe, durch die das Gerät beladen werden kann[2], – das sogenannte Bullauge, das später auch zum Markenzeichen von Constructa werden wird.[3] Die Waschmaschine von Bendix verfügt bereits über nahezu alle Eigenschaften einer modernen Waschmaschine, es gibt jedoch keine integrierte Möglichkeit zur Wassererwärmung, weshalb ein Warmwasseranschluss benötigt wird.[4]

In Deutschland wird das erste Modell einer vergleichbaren Waschmaschine von Peter Pfenningsberg aus Mettmann entwickelt. Er produziert seit Ende der 1940er Jahre die ersten deutschen „Wasch-Automaten“ in kleiner Stückzahl in seinem Heimatort.[5] Der Düsseldorfer Unternehmer Heinrich Reining erkennt das Potential und investiert in die Idee. 1951 wird die Peter Pfenningsberg Maschinenbau GmbH[6] in Düsseldorf gegründet. Bald gelingt es Pfenningsberg seinen Waschautomaten so zu bauen, dass dieser keinen Heißwasseranschluss mehr benötigt. Auf der Constructa-Messe in Hannover stellt Pfenningsberg dann neben der „Pfenningsberg Universal“ für den Einsatz im Gewerbe auch einen namenlosen „Voll-Waschautomaten für den modernen Haushalt“ vor. Die Maschine ist mit 2.280 D-Mark für normale Haushalte unerschwinglich teuer (das durchschnittliche monatliche Einkommen lag bei rund 500 D-Mark) und sie muss mit vier starken Schrauben auf einen Betonsockel aufgeschraubt werden, damit sie beim Schleudern nicht durch den Raum „tanzt“. Von der Messe in Hannover nimmt die Maschine den Namen mit und auf der Frühjahrsmesse in Köln 1952 wird sie als „Pfenningsbergs CONSTRUCTA“ ausgestellt.[7]

Aufschwung

Zwar sind die Waschmaschinen von Pfenningsberg innovativ, die Produktion ähnelt jedoch nach wie vor einer kleinen Manufaktur. Drei Jahre nach Markteinführung werden zehn Geräte am Tag montiert. Reining stellt Pfennigsberg deshalb mit Ernst Bökker einen kaufmännischen Berater an die Seite. Der verärgerte Pfenningsberg tritt daraufhin aus dem Unternehmen aus. Die Waschmaschinen-Produktion wird von Ernst Bökker modernisiert: Eine größere Produktionshalle mit einfacher Fließbandmontage entsteht. Die Herausforderung besteht jetzt darin, für ein derart neues und unbekanntes Produkt eine Nachfrage zu generieren.[8] Dies schafft man durch aktives Werben für das Produkt bei Vorstellungen und Waschdemonstrationen in der ganzen Bundesrepublik.[9] Der Erfolg zeigt sich, bald werden 4.000 Geräten pro Monat verkauft. Unter den Waschmaschinen-Produzenten in Deutschland ist Constructa mit einem Marktanteil von 80 Prozent die klare Nr. 1.[10] Schon 1958 wird das Düsseldorfer Werk zu klein und die Produktion zieht um nach Lintorf, einem Vorort von Ratingen.[11] Ab 1961 heißt die Firma Constructa Werke GmbH. Constructa prägt Lintorf das nächste Jahrzehnt lang deutlich, 30 bis 40 Prozent der Mitarbeiter leben in dem Ort.[12]

Über Siemens zur BSH

Die Produktion steigt stetig an. Technische Neuerungen wie das Strömungsverfahren und die Kochautomatik überzeugen die Kunden. Der Konkurrenzkampf in der Branche ist dennoch hart. Reining beginnt deswegen Verhandlungen mit der Siemens Electrogeräte AG, die zu jener Zeit Waschmaschinen, aber keine Waschvollautomaten herstellt. Siemens übernimmt am 30. Juni 1961 Constructa.[13] Zum Zeitpunkt der Übernahme zählt Constructa 3.500 Mitarbeiter und hat eine Monatsproduktion von 20.000 Wasch- und Trockenautomaten.

In den 1960er Jahren werden die Werke in Lintdorf durch weitere Neubauten erweitert. Trotzdem beschließt Siemens, die Produktion nach Berlin zu verlagern. 1967 wird Constructa, zusammen mit der Siemens Electrogeräte AG, Teil der BSH.[14]

Die Zeit des Wirtschaftswunders ist nun vorbei. Der Wettbewerb wird intensiver, besonders starke Konkurrenz entsteht durch Billigware aus Italien. Dennoch überlebt Constructa – als etablierte Marke mit einem starken Mutterkonzern im Rücken. Die Constructa-Waschmaschinen werden von den Ingenieuren der BSH ständig weiterentwickelt. Die Geräte bieten Lösungen für das Leben in der modernen Großstadt: Die 45 cm breite Toplader-Waschmaschine beispielsweise passt in jede kleine Wohnung und das Multi-Spar-System hilft Energie und Wasser zu sparen. Constructa setzt bereits Ende der 80er Jahre mit einem Öko-Konzept ein echtes Zeichen. Im Laufe der Jahrzehnte erweitert Constructa das Sortiment um Geschirrspülmaschinen, Kühl- und Gefriergeräte sowie Einbau-Geräte-Lösungen für Küchen. Auch heute werden Constructa Geräte überwiegend in Deutschland gefertigt und stehen für verlässliche Qualität.

Einzelnachweise

  1. Die Constructa Werke GmbH, 1965 in: Ordner Unterlagen-Sammlung (Allgemein) 1951-1958 Constructa, Firmengeschichte, BSH-Konzernarchiv, S. 7.
  2. „Here's how I do my week's wash now, Thanks to Bendix! (Werbung) in Life, 22 November 1937, S. 131.
  3. Inform, Zeitschrift für die Mitarbeiter der Bosch-Siemens Hausgeräte GmbH, 1996/2, S. 26.
  4. Inform, 82/4, S. 14.
  5. Hans Josef Hadeler: Erinnerungen- und die ersten automatischen Waschmaschinen, in: Die Quecke, Ratinger und Angerländer Heimatblätter, 68 (1998), S. 166-167, hier S. 166. Oder in Düsseldorf? Wiedersprechende Überlieferungen.
  6. Michael Lumer: Constructa, die Geschichte einer deutschen Waschmaschinen-Marke, Vor 40 Jahren verlegte Constructa seine Fertigung nach Lintorf, in: Die Quecke, Ratinger und Angerländer Heimatblätter, 68 (1998), S. 168-191, hier S. 169.
  7. Die Constructa Werke GmbH, 1965 in: Ordner Unterlagen-Sammlung (Allgemein) 1951-1958 Constructa Firmengeschichte, BSH-Konzernarchiv, S. 7.
  8. Constructa äußert sich zur Marktsituation, Januar 1960, Ordner Unterlagen-Sammlung (Allgemein) 1959-1965, Constructa Firmengeschichte, 60.11, S. 2.
  9. Siehe diverses Material zur Organisation von Vorführungen in: Ordner Unterlagen-Sammlung (Allgemein) 1951-1958 Constructa, Firmengeschichte, BSH Konzernarchiv und Inform 82/4, S. 15.
  10. 45 Jahre Constructa. Jubiläumsbroschüre. München 1996, S. 13.
  11. inform 1984/2, BSH-Konzernarchiv, A05-0007, S. 15.
  12. Michael Lumer: Constructa, die Geschichte einer deutschen Waschmaschinen-Marke, Vor 40 Jahren verlegte Constructa seine Fertigung nach Lintorf, in: Die Quecke, Ratinger und Angerländer Heimatblätter, 68 (1998), S. 179-185.
  13. Die Constructa Werke GmbH, 1965 in: Ordner Unterlagen-Sammlung (Allgemein) 1951-1958 Constructa Firmengeschichte, BSH-Konzernarchiv, S. 17.
  14. Die Constructa Werke GmbH, 1965 in: Ordner Unterlagen-Sammlung (Allgemein) 1951-1958 Constructa Firmengeschichte, BSH-Konzernarchiv, S. 183-186. Die BSH wird 1967 als Bosch-Siemens Hausgeräte GmbH gegründet - abgekürzt BSHG. 1998 wird der Name in BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH geändert, die neue Abkürzung lautet BSH. Seit dem Verkauf der Siemens-Anteile der BSH an die Robert Bosch GmbH heißt das Unternehmen BSH Hausgeräte GmbH und wird weiterhin mit BSH abgekürzt.